"Wir sind der Schlüssel zum Erfolg" - DTB-Trainer*innen geben sich beeindruckendes Leitbild

Das Produkt kann sich sehen lassen. Acht Trainerinnen und Trainer des Deutschen Turner-Bundes (DTB) haben ein „Leitbild für Trainer*innen – Wir sind der Schlüssel zum Erfolg“ verfasst und bringen darin ihr Rollenverständnis für Trainer*innen im Spitzensport sowie zehn Werte, die Grundlage ihres Handelns im Spitzensport sind, zum Ausdruck.

 

Das Leitbild ist das Ergebnis der „AG Leitbild für Trainer*innen“, die als eine von elf Arbeitsgruppen im DTB einen Beitrag zum Gesamt-Projekt „Leistung mit Respekt“ geleistet hat. Dieses umfangreiche Projekt hatte der DTB im Jahr 2021 als „gesamtverbandlichen Kultur- und Strukturwandel“ aufgesetzt und unter der handlungsleitenden Maxime „Der gesamte Trainingsprozess und die Rahmenbedingungen sind ausgerichtet auf das Ziel, international konkurrenzfähig und erfolgreich zu sein, unter der Berücksichtigung, dass vom Beginn bis zum Ende der aktiven Karriere das Kindeswohl, die Persönlichkeitsentwicklung der Athletinnen und Athleten jederzeit gewährleistet sind“, verfolgt.

Ein Mammutprojekt, das seinen Ursprung insbesondere im Jahr 2020 hatte. Die Netflix-Dokumentation „Athlete A“ über den Missbrauchsskandal um den US-amerikanischen Teamarzt Larry Nassar löste eine öffentliche Diskussion über die Trainingskultur im Spitzensport aus, Studien zu „Safe Sport“ bestätigten, dass Schilderungen Betroffener über Gewaltvorfälle keine Einzelfälle sind. Zumeist im Fokus: Trainer*innen, insbesondere männliche, aber nicht ausschließlich. Denn im DTB machte der sich noch in Schwebe befindende Fall „Frehse“ Schlagzeilen, als u.a. Top-Athletin Pauline Schäfer sich in den Medien offenbarte und der Trainerin der Anwendung psychischer Gewalt und Erniedrigung bezichtigte.

„Diese Enthüllungen und Studien-Resultate waren für den DTB der Impuls, diesen Kulturwandel zu initiieren“, berichtet Eva Reinschmidt, im DTB als Zuständige für „Safe Sport“ auch mit dem Projekt „Leistung mit Respekt“ befasst ist. „Es ist augenscheinlich, dass Gewalt im Sport ein systemisches Problem darstellt, dass es sich also bei Sport um ein System handelt, das als Ganzes Gewalt erst möglich macht. Insofern war und ist es nötig, das gesamte System weiterzuentwickeln“, führt Reinschmidt aus.

In dem Wissen, dass Gewalt im Sport nicht ausschließlich, aber häufig von Trainer*innen ausgeht, lag es auf der Hand, in einer Arbeitsgruppe auch das Handeln der Trainer*innen zu beleuchten. „Zum Auftakt von „Leistung mit Respekt“ hatte der DTB gemeinsam mit dem Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln eine umfangreiche Online-Umfrage unter Trainerinnen und Trainern, Athletinnen und Athleten, Eltern und Funktionären durchgeführt, deren Ergebnisse Basis für den späteren Prozess waren.“

5.334 Personen (2.945 Eltern, 1.253 Athlet*innen, 914 Athlet*innen, 222 Funktionäre) hatten an der Umfrage teilgenommen, eine beeindruckende Quote. Die Ergebnisse allerdings bestätigten bereits existierende sportartübergreifende Studien der vergangenen Jahre: 75% der Athlet*innen im Leistungssport und 67% im Breitensport gaben an, schon einmal Gewalterfahrungen erlebt zu haben und dass die Verursacher zu 76% Trainer*innen, aber zu 50% auch andere Sportler*innen waren. Zum anderen aber kam der Wunsch nach mehr Wertschätzung und einer Stärkung der Trainerinnen und Trainer zum Ausdruck, damit diese auch dazu befähigt werden, Gewaltsituationen, bspw. unter Athlet*innen zu reduzieren.“

Aus Sicht von Eva Reinschmidt spiegelte die Auswertung das Empfinden der Trainerinnen und Trainer im DTB wider: Diese sahen sich aufgrund der öffentlichen Darstellungen unter Generalverdacht, zudem löste der gesamte DTB-Prozess zu Beginn Unsicherheiten aus, da das Ziel des Kulturwandels noch nicht greifbar war. „Deshalb war es wichtig, dass die Trainerinnen und Trainer diejenigen Personen waren, die tatsächlich das Leitbild ausgearbeitet haben. Es sollte von Trainerinnen und Trainern für die Kolleginnen und Kollegen erstellt werden.“ Unter externer Moderation von Dafni Bouzikou, ehemalige Trainerin im Leistungssport sowie Vorsitzende es BVTDS und nun als Beraterin und Supervisorin tätig, wurde ein disziplinübergreifender Austausch von acht im Spitzensport tätigen Trainerinnen und Trainern initiiert, die Teilnahme erfolgte freiwillig.

„Es haben sich sehr schnell zwei Hauptthemen herauskristallisiert“, so Reinschmidt, die als Koordinatorin Teil der Arbeitsgruppe war. „Um die Handlungssicherheit der Trainer*innen zu stärken, war es Ziel gemeinsam einen werteorientierten Handlungsrahmen zu zeichnen, der einen Rahmen für Leistung schafft, in dem zugleich aber Respekt ein entscheidender Wert ist. Und zum anderen war es den Trainerinnen und Trainern ein Anliegen, ihre vielseitigen Rollen zu definieren.“

Und so enthält das Leitbild neben dem selbstbewussten Slogan „Wir sind der Schlüssel zum Erfolg“ nun Ratschläge für Kolleginnen und Kollegen, eine Rollenschärfung und zehn Maxime, die darstellen, auf Basis welcher Werte und Handlungsweisen die Trainerinnen und Trainer im DTB ihrer Führungsverantwortung nachkommen möchten.

Und nun? „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Teilnehmer*innen gestärkt aus diesem Prozess hervorgegangen sind“, so Eva Reinschmidt. „Das Leitbild wurde dem Präsidium zugestellt, das vollkommen dahintersteht. Im DTB sind die Rückmeldung positiv. Nun geht es darum, dass Leitbild in die Breite zu streuen und die Auseinandersetzung mit der Rolle der Trainerinnen und Trainern zu intensivieren. Wir wollen damit in der Trainer*in-Ausbildung arbeiten, es weitertragen und für die Herausforderungen und Werte im Berufsbild "Trainer*in" sensibilisieren, um Sport zu einem Umfeld zu formen, in dem eine Kultur der Achtsamkeit und des Hinsehens gelebt wird.“

Das gesamte Leitbild findet sich auf der Homepage des DTB.

Eva Reinschmidt, beim DTB zuständig für Safe Sport