"Der Job muss Spaß machen, nur so kann man als Trainer erfolgreich sein!"
Dass Top-Trainerinnen und Trainer zuvor auch erfolgreiche Athlet*innen waren, das kennt man. Dass aber zwischen beiden Karrieren eine „Sport-Pause“ von einigen Jahren liegt und die Athlet*innen erst über Umwege zurückfinden zu ihrer früheren Leidenschaft, das eher nicht. Bei Stephan Bosch war es genauso – kurvenreich, wie eine Bobabfahrt. Im Gespräch mit dem BVTDS erzählt der Bundesstützpunkttrainer Bob in Berchtesgaden über sein ereignisreiches (Trainer-) leben.
BVTDS: Dein Trainerwerdegang ist nicht ganz gewöhnlich, erst einige Jahre nach deiner aktiven Laufbahn hat es dich wieder an die Bahn gezogen – noch dazu in den USA und in Kanada. Wie kam es zu der langen Unterbrechung?
SB: „Ich war 1992, 1995 und 1996 Junioren-Weltmeister und hatte das Talent, auch bei den Aktiven oben anzugreifen. In den Jahren 1995, 1996 und 1997 hatte ich aber private Schicksalsschläge zu verkraften und bin dann in der Selektion nicht für die Nationalteams berücksichtigt worden. Ich sah für mich keine Perspektive mehr in Deutschland und bin 1999 in die USA ausgewandert.“
BVTDS: Warum in die USA?
SB: „Ich war 1992 in Kalifornien und in Florida, das hatte mir gefallen. Ich bin dort in den Tourismus und ins Immobiliengeschäft eingestiegen.“
BVTDS: Kein Bobsport?
SB: „Kein Bobsport. Damit war ich zu der Zeit fertig. 2002 war ich dann bei der Medaillenfeier von Brian Shimer, der bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City im Vierer Bronze gewonnen hatte. Und so kam ich zurück ins Geschäft. Meine damalige Frau war Amerikanerin und so habe ich im Winter 2003/2004 an der Selektion teilgenommen und bin für die USA gestartet.
BVTDS: Bis 2008 die Trainerkarriere begann.
SB: „Genau. Die Kanadier hatten mich gefragt, ob ich als Bahntrainer einsteigen möchte. Das habe ich dann gemacht. Parallel habe ich eine Massagepraxis in Salt Lake City eröffnet.“
BVTDS: Der Start ins Trainergeschäft lief augenscheinlich recht erfolgreich. Aber hattest du eine Ausbildung oder Erfahrung als Trainer?
SB: „Ich hatte während meiner Zeit bei der Bundeswehr eine Übungsleiterlizenz erworben. Aber ich war Bobsport-Profi, ich wusste, wie es geht. Später habe ich dann aber auch noch die A-Lizenz erworben.“
BVTDS: Bis 2018 warst du Trainer in Kanada, ab 2015 sogar Cheftrainer. In dieser Zeit hat das kanadische Team einige Erfolge gefeiert, 2010, 2014 und 2018 gab es jeweils eine olympische Goldmedaille, 2010 gab’s Silber und Bronze und 2018 eine Bronzemedaille dazu. Wie haben sich deine Tätigkeiten entwickelt und warum hast du dich 2018 von Kanada trotz aller Erfolge abgewendet?
SB: „In den ersten Jahren war ich Bahntrainer und habe die Piloten an der Strecke betreut. Als Cheftrainer war ich weniger an der Bahn, sondern habe alles koordiniert. Es war aber trotz aller Erfolge absehbar, dass die Zeit in Kanada zu Ende geht.“
BVTDS: Warum, gab es keine gesellschaftliche oder persönliche Anerkennung?
SB: „Als Cheftrainer bist du in Kanada grundsätzlich hoch anerkannt. Du musst Entscheidungen treffen, das gehört zum Job dazu, die Schwierigkeit ist aber, dass es viel mehr rechtlichen Spielraum für Athletinnen und Athleten gibt. Wenn ihnen Entscheidungen nicht passen, gehen sie vor Gericht. Da muss man sich als Trainer rechtfertigen. Das war aber nicht der Grund für meinen Abschied, sondern einzelne Funktionäre. Die haben uns das Leben schwer gemacht, das hat keine Freude mehr bereitet. Da war ich froh, als 2018 das Angebot kam, bayerischer Landestrainer zu werden, seit 2021 bin ich zudem Bundesstützpunkttrainer.“
BVTDS: Sind aus deiner Sicht die Rahmenbedingungen für Trainer in Kanada oder in Deutschland besser?
SB: „Ganz klar in Deutschland. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus sehe ich hier mehr Kompetenzen bei den Trainern, zudem gibt es hier mehr Sicherheit durch das Anstellungsverhältnis. Hier ist man sozialversichert, solche Aspekte muss man in Kanada selber regeln.“
BVTDS: In Deutschland sehen viele die Sicherheit durch befristete Arbeitsverträge reduziert. Wie siehst du das?
SB: „Unkritisch. Wenn ich gut arbeite, wird der Vertrag verlängert, davon bin ich überzeugt.“
BVTDS: Du hast den Vorteil, dass du über umfangreiche Berufserfahrung jenseits des Trainerjobs verfügst. Was macht der Trainerjob für dich aus, was begeistert dich daran und wo siehst du Herausforderungen?
SB: „Für mich ist es wichtig, dass mir meine Arbeit Spaß macht. Nur so kann man erfolgreich sein. Die Herausforderungen bestehen darin, neue Athleten an den Sport heranzuführen und sie alles zu lehren, was man braucht, um vielleicht mal erfolgreich zu sein. Aber es ist auch sehr interessant mit denen zusammenzuarbeiten, die schon oben sind und sie psychologisch und athletisch auf Medaillenkurs zu bringen.“
BVTDS: Als bayerischer Landestrainer bist du für die Nachwuchsförderung zuständig, in Peking betreust du Top-Athleten. Wie stehen die Chancen für das deutsche Bob-Team?
SB: „Wir haben hart gearbeitet, waren schon im Oktober in Peking und sollten gut vorbereitet sein. Der Wettkampf im Zweier-Bob mit dem historischen Gewinn der Gold-, Silber- und Bronzemedaille war schon mal ein so nicht unbedingt eingeplanter Erfolg.“
BVTDS: Ihr seid schon einige Tage vor der Eröffnungsfeier in Peking angekommen. Wie waren die ersten Tage?
SB: „Zunächst durften wir das Hotel nicht verlassen, außer zum Training. Selbst der Balkon war abgeschlossen. Es geht halt um Kontaktvermeidung. Aber alle sind sehr freundlich und bemühen sich, das muss man sagen. Und mittlerweile dürfen wir uns freier, also auch im Dorf bewegen. Gepaart mit den Erfolgen kommt damit langsam Olympischer Geist auf.“

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