Für BVTDS-Vize Stephan Haumann ist klar: Es braucht eine fundierte Berufstrainer-Ausbildung

Für den Wahl-Hamburger Stephan Haumann liegen Rechnung und Lösung klar auf der Hand. „Allseits wird ein Mangel an Trainerinnen und Trainern beklagt. Aber das ist doch logisch. Es gibt keine gute und fundierte Ausbildung unterhalb der Spitzenausbildung. Woher soll dann die Masse an Trainern kommen?“ Genau hier möchte der 38-Jährige den Hebel ansetzen. Seit Dezember 2021 gehört Stephan Haumann als Vizepräsident dem Präsidium des Berufsverbandes der Trainerinnen und Trainer im deutschen Sport e.V. (BVTDS) an und hat sich den Bereich der „Bildung“ auf die Fahnen geschrieben.

„Das klassische System der C-, B- und A-Trainer-Ausbildung mit anschließendem Diplomtrainer-Studium ist der Idealweg der Trainerelite und reicht meiner Einschätzung nach nicht aus, um junge Menschen nach dem Schulabschluss für diesen Weg zu begeistern. Dieser Weg zeigt keine klaren Perspektiven abseits des Ziels „Bundestrainer*in" auf und qualifiziert somit nicht nachhaltig für den Arbeitsmarkt auch außerhalb des Trainerberufes. Nicht jeder ist dafür gemacht, bis zum Renteneintritt in Hallen oder auf Sportplätzen zu stehen, es muss einen Ausweg geben. Aktuell kann ein junger Mensch nach der Schule den Weg in den Trainerjob nicht einschlagen, ohne auch eine andere Qualifizierung abzuschließen oder auf ein weiteres Standbein zu setzen.“

Stephan Haumann spricht aus eigener Erfahrung. Mit 14 Jahren übernahm er Hockey-Training in seinem Heimatverein HTC Hamm, nach dem Abitur folgte ein Freiwilliges Soziales Jahr beim TSC Eintracht Dortmund. „Da wurde die Trainertätigkeit Zeit ausfüllend.“ Eine Berufsausbildung gab es nicht – also wurde einerseits trainiert, andererseits studiert, Germanistik und Sozialwissenschaften auf Lehramt. „Zu der Zeit gab es für mich zwei Alternativen. Entweder im Journalismus tätig zu werden oder als Lehrer. Ich habe in beiden Bereichen Praktika absolviert und insbesondere Journalismus fand ich sehr interessant.“

Doch 2010, noch vor Abschluss des Studiums, kam der Anruf: Kais al Saadi – zuletzt bis Tokio 2021 Cheftrainer der Herrenhockey-Nationalmannschaft und 2010 Cheftrainer Jugend im UHC Hamburg – fragte an, ob Stephan Haumann nicht seine Nachfolge antreten wolle. „Zu der Zeit war ich im Hockey schon gut vernetzt, hatte einige ehrenamtliche Funktionen inne und wusste sehr gut, worauf ich mich einlasse.“ Also sagte er zu – unter einer Bedingung. „Für mich war es Voraussetzung, dass ich parallel zur Aufnahme meiner Tätigkeit das Diplomtrainer-Studium an der Trainerakademie Köln absolviere. Sonst hätte ich vorerst keinerlei Berufs- oder Studienabschluss aufweisen können. Und auch mein fachliches Knowhow hätte einzig aus den C-, B- und A-Trainerausbildungen bestanden. Ich möchte diese spezifische Ausbildung insbesondere in meinem Spitzenverband nicht klein reden. Aber zur Wahrheit gehört, dass der Umfang überschaubar und nicht mit einer fundierten Berufsausbildung gleichzusetzen ist.“

Also wurde von 2011 bis 2014 an der TA gepaukt, beruflich folgte 2019 der Wechsel zum Hamburger Hockey Verband, für den Stephan Haumann seither als Landestrainer und Leiter der Trainerausbildung tätig ist, mittlerweile allerdings mit einem Anstellungsverhältnis beim OSP Hamburg/Schleswig-Holstein. Um breiter aufgestellt zu sein, setzte er ab 2018 noch das Studium der Sportwissenschaften obendrauf. „Ich gemerkt habe, dass ein solches Studium meine Glaubwürdigkeit und meine Kompetenzen im Austausch mit wissenschaftlichen Partnern wie beispielsweise dem IAT deutlich erhöht. Ich befasse mich im Beruf, aber auch privat mit Datenbeschaffung und Datenanalyse im Leistungssport, da ist dieses weitere Wissen sehr hilfreich. Außerdem bin ich wissensdurstig und niemals so richtig satt. Insofern ist es auch meine klare Empfehlung an alle Trainerinnen und Trainer, sich ständig weiterzuentwickeln und fortzubilden.“

Dazu möchte er von nun auch mit dem BVTDS Impulse setzen. „Wir hatten im Präsidium nun schon einige Treffen, in denen wir abgestimmt haben, welche Wege wir im Bereich Bildung beschreiten möchten. Wir sind uns klar, dass wir neue, andere Impulse setzen und keine Standardweiterbildungen anbieten möchten. Wir möchten den Austausch unter Trainerinnen und Trainer zu ganz spezifischen Themen anregen und dabei auf den umfangreichen Erfahrungsschatz unserer Mitglieder bauen. Ich bin überzeugt davon, dass beispielsweise ein Austausch mit der Bundestrainerin Kim Raisner über ihre Erlebnisse im Rahmen der Olympischen Wettkämpfe im Modernen Fünfkampf in Tokio total gewinnbringend für Kolleginnen und Kollegen wäre.“

Das zweite große Projekt soll die Berufstrainerausbildung werden. „Damit knüpfe ich an meine einleitenden Ausführungen an. Wir müssen Schul-Absolventinnen und -Absolventen einen Weg in den Trainerberuf aufzeigen. Insofern bin ich begeistert von dem Konzept der Dualen Berufstrainerausbildung des Deutschen Skiverbandes. Solche Wege müssen wir in die Breite tragen. Das braucht Zeit, dafür müssen wir mit den richtigen Leuten ins Gespräch kommen und insbesondere die Großsportvereine mit ins Boot holen. Aber ich bin optimistisch, dass wir als Berufsverband den Prozess initiieren und das Ziel erreichen können.“

Stephan Haumann (Foto: DOSB)