Berufsverband kritisiert Referentenentwurf des Sportfördergesetzes scharf

Der vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) vorgelegte Referentenentwurf eines Sportfördergesetzes ruft beim Berufsverband der Trainer /innen im deutschen Sport (BVTDS) erhebliche Kritik hervor.

Nach dem Scheitern der letzten Leistungssportreform wollten das BMI, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Länder, unter dem Titel Neue Wege gehen, einen erneuten Versuch starten.

Der vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) vorgelegte Referentenentwurf eines Sportfördergesetzes ruft beim Berufsverband der Trainer /innen im deutschen Sport (BVTDS) erhebliche Kritik hervor.

Nach dem Scheitern der letzten Leistungssportreform wollten das BMI, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Länder, unter dem Titel Neue Wege gehen, einen erneuten Versuch starten. Im Zentrum des Konzepts stand ein Sportfördergesetz und eine unabhängige Leistungssportagentur zur Steuerung des Spitzensports. Eine Zeit lang sah es so aus, als wenn sich Bund, Länder und der DOSB auf eine gemeinsame Linie verständigt hätten. Der nun vom BMI vorgelegte Gesetzesentwurf offenbart, dass sich die Politik und der organisierte Sport wieder einmal nicht einig sind. Der DOSB kritisierte unlängst öffentlich, dass „viele Dinge, die in den letzten Jahren in enger Zusammenarbeit besprochen und erarbeitet wurden, in dem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt oder sogar ignoriert und übergangen wurden.“

Maßnahmen zu der seit Jahrzehnten geforderten Verbesserung der Trainersituation wurden in dem neuen Entwurf gar nicht berücksichtigt. Der BVTDS hatte sich in den neuen Reformprozess mit eingebracht und unter anderem das Modell eines Tarifvertrags für Bundestrainer*innen gefordert. Dieser Vorschlag wurde von vielen Fachleuten sehr positiv aufgenommen. Auch hochrangige Vertreter*innen des DOSB sahen in dem Vorschlag des BVTDS „mehr als nur einen Prüfauftrag“.

„Statt nun in die Umsetzung zu gehen, kommt mit dem Gesetzesentwurf des BMI nun ein erneuter tiefer Rückschlag. Wir erleben gerade, wie die nächste Leistungssport-Reform vor die Wand gefahren wird“, sagt Holger Hasse, Co-Präsident des BVTDS. „Die Tatsache, dass weder der Trainertarif noch die Verbesserung der Arbeitssituation von Trainerinnen und Trainern in dem neuen Gesetzesentwurf berücksichtigt wurden, offenbart einmal mehr die fehlende Bereitschaft, den deutschen Spitzensport nach vorne zu entwickeln“, meint Holger Hasse.

Im Dezember 2019 hatte die Mitgliederversammlung des DOSB das Konzept der Verbesserung der arbeitsvertraglichen Rahmenbedingungen für Trainerinnen und Trainer beschlossen. Selbst das BMI hat dieses Konzept auf seiner eigenen Website veröffentlicht. Die Umsetzung scheitert allerdings an der fehlenden Verbindlichkeit, weil die Kernpunkte seit Jahren nicht in die Förderrichtlinie des Bundes aufgenommen wurden.

„Nach wie vor fehlt eine Regelung, die im § 3 Absatz 3 des Gesetzesentwurfs verortet werden könnte, dass die Zuwendungsempfänger, also die Verbände als Arbeitgeber, sich an die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen halten müssen. Dies ist zwar eine Selbstverständlichkeit. Eine Voraussetzung, die aber immer noch oftmals von den Verbänden verletzt wird“, sagt Gert Zender, Co-Präsident des BVTDS. „Hinzu kommt, dass solange für die Förderung von Weiterbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen keine Rechtsverbindlichkeit gesetzlich hergestellt wird, die Trainerinnen und Trainer auch künftig auf den Kosten sitzen bleiben“, so Gert Zender. „Die Umsetzung des Konzepts sowie der gesetzlichen Vorgaben scheitert bei den Verbänden häufig an deren mangelnden finanziellen Ausstattung seitens des Bundes und an ihrer Personalsituation. Zudem bringt der Trainer*innen-Beruf im Spitzensport z.B. hinsichtlich der Arbeitszeit viele Besonderheiten mit, die nur in einem zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgehandelten Tarifvertrag sinnvoll geregelt werden können“, meint Holger Hasse.

Sucht man in dem vorliegenden Gesetzesentwurf nach dem Wort „Tarif“, so findet man dort ausschließlich Regelungen zu den Arbeitsverhältnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der geplanten Sportagentur. „Es ist allgemein bekannt, dass die Angestellten in den Institution des organisierten Sports weit bessere Arbeitsbedingungen haben, als die Bundestrainer*innen. Das ist auch ein Grund, warum immer mehr Trainerinnen und Trainer ihren Job quittieren oder ins Ausland abwandern“, meint Holger Hasse. Von den ca. 300 Millionen Euro Spitzensportförderung des Bundes geht lediglich ca. ein Drittel an die Spitzenverbände, die damit neben den Maßnahmen auch das Leistungssportpersonal finanzieren. „Statt mehr Geld für den Sport und die Trainer*innen bereitzustellen, werden immer mehr Mittel in die Bürokratie gesteckt“, kritisiert Hasse. So hat das BMI in jüngster Vergangenheit ca. 2 Millionen Euro pro Jahr an das wissenschaftliche Verbundsystem, POTaS und den Verein Athleten Deutschland gezahlt. Die Kostenkalkulation für die neue Sportagentur weist ca. 4,6 Millionen Euro zusätzliche Kosten aus. Etwa 50 Angestellte der Sportagentur sollen einen tariflich gesicherten und attraktiven Arbeitsplatz erhalten.

Laut Auffassung der Vertreter der Trainerverbandes ist die mangelhafte Transparenz bei der Vergabe von Fördermitteln ein weiterer Nachteil des neuen Gesetzes. Die Kriterien, nach denen entschieden wird, welche Trainerinnen oder Trainer mehr oder weniger Mittel erhalten sollen, sind unklar und undurchsichtig. 

„Wir fordern die Regierung auf, das neue Sportfördergesetz vollständig zu überdenken und sicherzustellen, dass eine adäquate finanzielle Entlohnung für Trainerinnen und Trainer sichergestellt wird. Wir benötigen dringend eine transparentere Vergabe der Mittel und bessere Kriterien bei der Zuteilung von Fördermitteln. Es ist an der Zeit, die Trainerinnen und Trainer und ihre wichtige Arbeit in der Sportwelt zu schätzen und zu unterstützen, damit sie ihre Aufgaben zur Entwicklung und Betreuung der Athletinnen und Athleten effektiver und besser erfüllen können. Solange immer mehr Geld in die Sportbürokratie gesteckt wird, statt in den Sport vor Ort und in die Trainerinnen und Trainer zu investieren, wird Deutschland im internationalen Vergleich weiter zurückfallen“, so die beiden Präsidenten des Berufsverbandes.